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Ferngesteuerter Meccano-Kompaktstapler
(Bulletin 90/2024)
von Fritz Sommer, AMS
Sogenannte „Flurförderfahrzeuge“ gibt es in vielen verschiedenen Bauarten und Grössen.
Bei meinem neusten Modell habe ich mich entschieden, einen sogenannten „Kompaktstapler“ mit Teleskopmast und Initialhub zu bauen. Solche Geräte werden dort eingesetzt, wo enge Platzverhältnisse vorhanden sind. Dort müssen sie unter tiefliegenden Tordurchgängen durchfahren und auf engstem Raum wenden können (Bild 1).
Ich machte mich wie immer auf die Suche nach Bildern von solchen Fahrzeugen und suchte in meinem Sammelsurium nach passenden Rädern um den Bau-Massstab festzulegen. Für die Vorderachse wurde ich fündig bei Fischertechnik, diese passen mit 4mm-Achsbohrungen zum Meccano-System, zudem waren sie schon gelb eingefärbt und die Meccano-Buchsscheiben Nr. 24 passen genau in die Felgen. Für die doppelten Hinterräder wurde ich bei Meccano fündig, so ergab sich ein Bau-Massstab von 1:10. Aus vorhandenem Altmaterial baute ich mir nun wie üblich einen „Schrottotyp“- um die Proportionen festzulegen und um abschätzen zu können, ob am Schluss auch noch genug Platz vorhanden sein wird, um die vier erforderlichen Getriebemotoren mit der zugehörigen Verdrahtung, der Elektronik und einem leistungsfähigen Akku einzubauen (Bild 3). Es sollte auch möglich sein, ein funktionierendes Lenkrad einzubauen, und ein sogenannter „Initialhub“ der Gabel sollte auch vorhanden sein. Damit lässt sich die zu transportierende Last ein Stück weit anheben, ohne dass die Bauhöhe des Staplers sofort zunimmt.
Damit das Fahrzeug an Ort wenden kann, muss die Antriebskraft an den Vorderrädern richtig aufgeteilt werden. Dazu habe ich auf der Chassisplatte eine Skala aufgezeichnet, wo man mit Hilfe eines Zeigers ablesen kann, bei welchem Einschlagwinkel der Lenkung die Vorderräder wieviel und in welche Richtung drehen. Dabei stellte sich heraus, dass bei einem Lenkwinkel von 67 ° nur noch das kurvenäussere Rad dreht, während beim Drehen an Ort (Lenkeinschlag 90°) beide Räder gleich viel, aber in entgegengesetzter Richtung antreiben müssen (Bild 2). Zwischenwerte habe ich durch abzählen der Radumdrehungen auf einer Tabelle eingetragen. Die so entstandenen Prozentwerte wurden später in der nötigen Form in die Elektronik des Empfängers programmiert, welcher dann die Signale für die Antriebsmotoren generiert. Enge Platzverhältnisse ergaben sich im Unterbau des Chassis, mussten doch dort beide Fahrmotoren, der Getriebemotor für die Mastneigung und der Akku eingebaut werden (Bild 4, Aufnahme vom Prototyp).
Nach dem kompletten Zusammenbau des Modells als voll funktionierender Prototyp wurde dieser wieder zerlegt und alle Teile mit Kunstharzspray neu lackiert (Bild 5).
Nach dem Aushärten der Farbe wurde die Endmontage in Angriff genommen. Der Antrieb des Lenkrades erfolgt von der Hecklenkung über einen gekreuzten Riemen im Zwischenboden des Fahrzeugs, auf eine Riemenscheibe am Miniatur-Kreuzgelenk an der Lenksäule (Bilder 6 und 7). Eine Übersetzung von 1:2 ergibt eine realistische Bewegung des Lenkrades.
Da der Lenkeinschlag total 180° betragen muss, wird die Lenkung vom Servo aus ebenfalls mit einer Übersetzung von 1:2 angetrieben. Dazu wurde ein bestehendes Zahnrad in ein Zahnsegment abgeändert und dieses direkt am Servohorn verschraubt. Das führte zudem dazu, dass der Servo aussermittig montiert werden konnte, wodurch sich der nötige Platz zur Montage der Elektrik/Elektronik auf einer Zwischenplatte im Heck ergab (Bilder 8 und 9).
Rechts vom auf 3 Stehrohren montierten Servo verblieb noch knapp genug Platz für Akkustecker, Stromverteiler,
Hauptschalter und UBEC-Einheit (Bilder 10 und 11).
Links vom Servo ist auf der Zwischenplatte der programmierbare Micro-Empfänger mit dem integrierten Motortreiber für den Neigemotor, das ESC für den Hubmotor und auf der oberen Fläche der Zwischenplatte unter dem Fahrersitz das Dual-ESC für die Fahrmotoren eingebaut (Bild 12). Das Material zur Anfertigung des Bodenbelags und der Pedalgummis fand ich in einer Brockenstube.
Besonders knifflig war der Aufbau des Teleskop-Hubmastes. Mit Hilfe von 4 Messing-Gleitern Nr. 50 (diese wurden von Meccano nur bis 1926 hergestellt) baute ich einen gleitenden Sekundärmast, der über einen 16mm-Getriebemotor und eine 5″- Gewindestange angetrieben wird. Durch Versuche mit einem dafür extra gebauten Leistungsprüfstand musste ich für die Antriebseinheit selber die optimale Motor-/Getriebe-Kombination herausfinden. Am Schluss kombinierte ich einen Motor mit 650 mA Blockier-Strom mit einer Getriebeuntersetzung von 19,67:1 Die Gewindemutter des Antriebs wurde in eine Hohlstricknadel aus Chromstahl eingepresst, diese trägt am oberen Ende die Lagergabel für die Kettenradachse. Der an dieser Achse befestigte Sekundärmast zieht über 2 Ketten den Gabelschlitten in doppelter Geschwindigkeit in die Höhe. Der Gabelschlitten läuft ebenfalls auf 4 Gleitern Nr. 50 auf dem Sekundärmast. Besonders schwierig war es, das Gleitvermögen so weit zu optimieren, dass kein „Schubladeneffekt“ (klemmen) auftritt, da sich der Gabelschlitten nur durch das Eigengewicht abwärts bewegt. Dazu musste der Abstand der Gleiter auf 5 Löcher festgelegt werden. Wie eng es im unteren Bereich des Mastes zu- und hergeht, ist auf der Abbildung gut ersichtlich, so mussten z.B. einige Muttern um 0,15mm gekürzt werden, damit alles aneinander vorbeigeht. Der Antrieb der Hubspindel ist mit einer einstellbaren Rutschkupplung gegen Überlast ausgestattet. Die beiden seitlich am Primärmast montierten Bolzen bilden den Befestigungs- und Drehpunkt für den Mast (Bild 13).
Der Antrieb für die Mastneigung erfolgt ebenfalls über eine Gewindespindel mit einstellbarer Rutschkupplung (Bild 14).
Hier konnte ich einen handelsüblichen 16mm Getriebemotor mit einer Untersetzung von 63:1 verwenden.
Die Gabeln wurden in Schichtbauweise gebaut. Dabei war es schwierig die Teile so anzuordnen, dass sich auch noch eine Verschraubung der Schichten realisieren liess (Bild 15). Die Gabeln lassen sich nach Bedarf in 3 verschiedenen Spurweiten am Gabelschild einhängen (Bild 16).
Um Pannen während dem Betrieb möglichst schnell beheben zu können, ist am Heck ein Werkzeugkasten mit dem nötigen Inhalt vorhanden. Zudem ist ein Kupplungsschacht mit Steckbolzen zum Abschleppen von Anhängern vorhanden, der Stapler hat eine Zugkraft von 1,1 Kg. (Bild 17).
Die erste Probefahrt des fertigen Modells fand am 25. April 2024 statt (Bild 18), die erste Vorführung zwei Tage später im EBIANUM Baggermuseum in Fisibach. Probleme traten dabei nicht mehr auf. Nach etwa 800 Stunden Bauzeit solle man das auch erwarten können.