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ÜBER MODELLE UND IHRE BAUANLEITUNGEN BEISPIEL : SOLAR – KARUSSELL VON MÄRKLIN

aus Bulletin 35/1995, von Arnold Zwygart und Tobias Haffter

Metallbaukasten – Modelle und ihre Bauanleitungen gehören bekanntlich zusammen wie Brot und Butter. Fehlt es  am  einen,  dann taugt das andere  auch  nicht  viel.  Während die Bauteile bei den  beiden ältesten und heu­te noch gängisten  Systemen  von  Meccano und Märklin  punkto Ausbildung und Vielfalt in   den   letzten   75  Jahren   kaum  geändert haben, abgesehen vom gelegentlichen Erscheinen eines neu konzipierten Teils und dem wesentlich häufigeren Verschwinden lange gebrauchter  und geschätzter  Teile, ist die Entwicklung bei den Bauanleitungen um einiges tiefgründiger und umfassender ver­laufen.

 

Ursprünglich bis Ende der 40er Jahre wurden nicht nur von Meccano, sondern auch von Märklin Strichzeichnungen der Modelle bzw. strichzeichnungsartig retouschierte photogra­phische Abbildungen vorgelegt, die durch Detaildarstellungen,  eine   ausführliche   Be­schreibung und eine Liste der benötigten Tei­le ergänzt waren. Mit dem Fortschreiten der Nachkriegstechnik wurde  das  Schwerge­wicht auf eine rein photographische, zudem noch mehrfarbige Reproduktion verlegt, was schliesslich zu den gänzlich unzureichenden sog. Bauanleitungen für Grossmodelle von Märklin (Beispiele: Kasten „Eiffelturm“ und der neue Kasten m100) geführt hat. Parallel dazu hat ins besondere Meccano mit der wesentlichen  Beschränkung  des  Angebots auf kleine Themenkästen die Methode von LEGO übernommen, Schritt für Schritt das Zusammensetzen einzelner Bauteile in gera­dezu geisttötender und sicher nicht zum Überlegen animierender Weise darzustellen.

 

Im folgenden solle n die bestehenden Unzulänglichkeiten und Verbesserungsp1öglich­keiten an einem wahrhaft simple n MARKLIN­ Modell aufgezeigt werden. Es handelt sich um das Modell „Karussell“, das in den Anleitun­gen zum heute obsoleten Solar – Kasten 1008 sowie im neuen Solar-Ergänzungskasten 1060 enthalten ist. Auf zwei nach folgenden Seiten sind die Schlussphasen des Baus der beiden Modelle wiedergegeben.

 

Während die Darstellungen der Bauschritte angesichts der Einfachheit des  Modells gera­de noch als genügend angesehen werden können, ist das Modell an Primitivität kaum noch zu überbieten. Der Kasten 1008 kostete immerhin nahezu Fr. 200.-, und im Kasten 1060 zu über Fr. 70.- ist ausser einer grösse­ren Solarzelle und einem billigeren, japani­schen Motor nicht viel drin. Zudem ist das anleitungsgemäss gebaute Modell technisch bezüglich Reibungsverluste derart unzurei­chend entworfen, dass es nur bei prall auf die Solarzelle fallender Sonnenstrahlung einiger­ massen funktioniert.

 

Die von A. Zwygart und T. Haffter getroffe­nen, an sich nicht überwältigenden Verbesse­rungsmassnahmen lassen sich anhand der Photo auf Seite 42 wie folgt erläutern.

  1. Um dem Modell etwa s mehr „Fleisch“ zu geben, hat Zwygart acht statt nur vier Ses­sel sowie eine sinnvollere  Abstützung  der acht Arme mit einem Rad 10380 (80 mm 0) gebaut. Ferner hat er  den  Aufbau mit Hilfe von zwei Sektorplatten konstruktiv einwand­frei gestaltet.
  2. Zur Reibungsverminderung hat T. Haffter eine ein fache Kugellagerung der senkrechten Welle vorgesehen, die auf einen Vorschlag von A. Welti zurückgeht: Zwischen einem Loch der Grundplatte und einer einen vorstehenden Nabenrand aufweisenden Kurbel (z.B. Stokys) ist eine Stahlkugel von 8 mm eingespannt. Dadurch liegt das Ende der senkrechten Welle axial punktförmig auf. Die Reibung in der Nabe der Kurbel und in einem Loch des oberen Verbindungssteges der Sektorplatten ist, da radial, nur minim.
  3. Zur Drehverbindung der Motorwelle mit der senkrechten Welle  sind  nach  Märklin zwei „billige“ Universal-Zahnräder 10914 vor­ Diese sind sehr  schwer eizustellen und geben im  besten  Fall  zu  Hemmungen und beträchtlichen  Reibungsverlusten  An­lass. Deshalb wurden auf der Motorwelle ein Ritzel und auf der senkrechten Welle ein Kronrad befestigt, die beide in ganz leichtem Eingriff stehen.
  4. Das so modifizierte Karussell dreht ungeheu­er leicht und deshalb auch  bei  gedämpftem, auf die Solarzelle fallendem Licht, z. B. im Schatten eines Haus-Vorplatzes. Um den Solareffekt auch bei Ausstellungen demon­strieren zu können, wurde auf dem Grund­ brett eine durch einen Dimmer regulierbare, auf die Solarzelle gerichtete Kleinlampe mit einer 25 Watt – Glühlampe montiert, siehe die Abbildung. Eine minimale Speisung der Lampe, bei der man ihre Glühfäden gerade sieht, reicht aus, um das Karussell in realis­tisch langsamer Weise (4 bis 6 Umdrehungen pro Minute) zu drehen. Im Ganzen ist dieses Karussell beim Publikum an  Ausstellungen und zuhause bei den Erbauern ein  Gegen­ stand anhaltender Bewunderung. Dazu trägt auch bei, dass in jeden Sessel eine LEGO­ Figur aus der Schachtel 6314 geklebt wurde. Schliesslich bietet ein leer drehendes Karus­sell einen tristen Anblick!